PROKLAMATION DER NATIONALVERSAMMLUNG

DES PODER POPULAR DER REPUBLIK KUBA

 

Die Nationalversammlung des Poder Popular der Republik Kuba proklamiert, daß die von den Vereinigten Staaten gegen Kuba verhängte Wirtschaftsblockade ein Genozidakt ist.

Die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes, die am 9. Dezember 1948 von der Vollversammlung der Vereinten Nationen angenommen, von der Regierung der Vereinigten Staaten am 11. Dezember 1948 und von Kuba am 28. Dezember 1949 unterzeichnet wurde und am 12. Januar 1951 in Kraft getreten ist, zu der 124 Staaten gehören, die unterzeichnet und ratifiziert haben, bestimmt in ihrem Artikel II wortwörtlich folgendes:

"In dieser Konvention wird als Völkermord jede der im folgenden genannten Handlungen verstanden, die in der Absicht der gänzlichen oder teilweisen Vernichtung einer nationalen, ethnischen, rassischen oder religiösen Gruppe begangen werden."

Unmittelbar danach zählt Absatz c) zu diesen Handlungen "das absichtliche Unterwerfen einer Gruppe unter Existenzbedingungen, die ihre gänzliche oder teilweise physische Vernichtung verursachen müssen".

Der Artikel III bestimmt die Bestrafung u.a. von:

a) Völkermord

d) versuchtem Völkermord

e) Beihilfe zum Völkermord.

Im Artikel IV heißt es klar und deutlich und wortwörtlich:

"Wer Völkermord oder einen anderen der im Artikel III genannten Akte begangen hat, wird bestraft, seien es Regierende, Beamte oder Einzelpersonen."

Es waren kaum acht Monate seit dem Völkermordabkommen von 1948 vergangen, als die Vereinten Nationen am 12. August 1949 in Genf auf einer von der Schweizer Regierung einberufenen internationalen Konferenz ein weiteres Abkommen über den gebührenden Schutz der Zivilpersonen in Kriegszeiten beschließen, das von den Regierungen der Vereinigten Staaten und Kuba unterzeichnet und ratifiziert wurde, das am 21. Oktober 1950 in Kraft trat und das heute 188 Mitgliedsländer zählt.

Sein Artikel 23 bestimmt: "Jede einzelne der Hohen Vertragschließenden Parteien sichert sämtlichen Sendungen von Medikamenten und sanitärem Material sowie Gegenständen zur Religionsausübung, die einzig und allein für die Zivilbevölkerung jeder anderen - wenngleich feindlichen - vertragschließenden Partei bestimmt sind, freies Geleit. Freies Geleit wird ebenfalls für Sendungen von unerläßlichen Lebensmitteln, Kleidung und Stärkungsmitteln für Kinder unter 15 Jahren sowie für Schwangere und Wöchnerinnen gegeben."

Im Zusatzprotokoll I dieses Abkommens wird im Artikel 54 ausdrücklich, präzise und kategorisch der Schutz der für das Überleben der Zivilbevölkerung unbedingt erforderlichen Güter festgelegt:

1. Es ist verboten, als Kriegsmethode Zivilpersonen Hunger leiden zu lassen.

2. Es ist verboten, die für das Überleben der Zivilbevölkerung unerläßlichen Güter wie Nahrungsmittel und die sie erzeugenden landwirtschaftlichen Bereiche, die Ernten, das Vieh, die Trinkwasseranlagen und -reserven und die Beregnungsanlagen anzugreifen, zu zerstören, zu entwenden oder unbrauchbar zu machen in der wissentlichen Absicht, die Bevölkerung oder die Gegenpartei, mit welchem Vorsatz auch immer, sei es, um die Zivilpersonen Hunger leiden zu lassen, sie zu vertreiben oder in jedem anderen Bestreben, um diese Güter aufgrund ihres Wertes als Mittel zur Gewährleistung des Überlebens zu bringen."

Wie ersichtlich, ist nicht einmal in Kriegszeiten die Blockade von Lebensmitteln, Medikamenten und anderen lebensnotwendigen Mitteln erlaubt.

Wenn wir von den Piratenangriffen absehen, die unzählige Male gegen unser Land gerichtet waren, den schmutzigen Kriegen, den von den Vereinigten Staaten bewaffneten und versorgten Banden, den Wirtschaftssabotagen, Terroristenaktionen, der Einführung von Plagen und Krankheiten, die das Leben von Menschen, Tieren und Pflanzen gefährdeten, den indirekten und direkten militärischen Invasionen, die realisiert oder fast ausgelöst wurden, und wenn wir ausschließlich den wirtschaftlichen Aspekt der von der Regierung der Vereinigten Staaten gegen Kuba verübten Aggression betrachten, muß gesagt werden, daß die Wurzeln des Konzeptes des Völkermords bereits da waren, noch bevor die kubanische Revolution am 1. Januar 1959 siegte.

Ein 1991 freigegebenes US-amerikanisches Geheimdokument enthüllt, daß am 23. Dezember 1958 während einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates unter Anwesenheit des Präsidenten Dwight Eisenhower, auf der die Situation unseres Landes diskutiert wurde, der damalige Direktor der CIA, Allen Dulles, ganz entschieden äußerte: "Wir müssen den Sieg Castros verhindern."

Drei Tage später gab Präsident Eisenhower am 26. Dezember der CIA die Anweisung, "er wünsche nicht, daß die verdeckten Operationen [gegen Kuba] vor den Nationalen Sicherheitsrat kommen". So streng geheim also waren die beschlossenen Maßnahmen.

Der sechs Tage danach erreichte zündende Triumphzug der revolutionären Truppen ließ keine Zeit mehr, "den Sieg zu verhindern".

Der erste US-amerikanische Schlag gegen die Volkswirtschaft sollte noch an diesem 1. Januar 1959 versetzt werden, als neben den Verantwortlichen der schlimmsten Massaker und Überschreitungen gegen das Volk auch jene in dieses Land flohen, die den Staatsschatz geplündert hatten.

Zu einem so frühen Zeitpunkt wie dem 21. Januar 1959 erklärte ein US-amerikanischer Repräsentant namens Wayne Hays, man müsse Wirtschaftssanktionen in Betracht ziehen und erwähnte in diesem Zusammenhang u.a. ausgerechnet die Reduzierung der Zuckerquote und das Handelsembargo.

Fünf Wochen nach dem revolutionären Sieg enthüllte der Volkswirtschaftler Felipe Pazos, der die Leitung des Banco Nacional übernommen hatte und in Regierungskreisen der Vereinigten Staaten gut bekannt und geachtet war, in einem Bericht am 6. Februar, daß das frühere Regime 424 Millionen Dollar der in Gold und Dollar den kubanischen Peso deckenden Mittel veruntreut oder sich angeeignet hatte.

Zwei Monate später heißt es wörtlich in der New York Times vom 19. April, den Wahrheitsgehalt des genannten Berichtes über die Unterschlagung der die einzige Rücklage des Landes bildenden Mittel erhärtend, "deren größter Teil mit Batista und seinen Kumpanen ins Ausland geflogen ist".

Das Produkt dieses ungeheuren Raubes kam in die Banken der Vereinigten Staaten. Nicht ein Centavo wurde Kuba zurückgebracht. Ohne jegliche Ausnahme kamen die Täter unbestrafft davon und nutzten mit voller Sicherheit die entwendeten Mittel.

Unmittelbar reiste in der ersten Februardekade eine Delegation des Banco Nacional de Cuba in die Vereinigten Staaten und beantragte ausgesprochen bescheidene Kredite zur Stützung der kubanischen Währung. Wenige Tage darauf beschloß der Nationale Sicherheitsrat der Vereinigten Staaten am 12. des gleichen Monats, diesem Antrag nicht stattzugeben. Auf der gleichen Sitzung, auf der der Antrag abgelehnt wurde, äußerte der Chef der CIA, Kuba sei ohnehin schon der "beunruhigendste der Problempunkte" Washingtons auf dem Kontinent.

Eine Woche nach der Entscheidung des Nationalen Sicherheitsrates behaupteten die US-amerikanischen Behörden im Zuge der wiederholten Ablehnung der verzweifelten Beantragung Kubas, dab die finanziellen Schwierigkeiten, mit denen Kuba zu kämpfen hatte, "die Fähigkeit des Regierens auch der besten Führungspersönlichkeiten, zumindest in dieser Hemisphäre, belaste".

Der Wirtschaftskrieg gegen Kuba war ausgelöst, und noch waren keine sechs Wochen seit dem Sieg der Revolution vergangen.

Das am 17. Mai 1959 verkündete Gesetz der Agrarreform, dessen Ziel es war, die große Mehrheit unseres unterernährten Volkes mit Nahrungsmitteln zu versorgen, Millionen Menschen ein sicheres Leben zu gewähren, für einen großen Teil der arbeitsfähigen und beschäftigungslosen Bevölkerung einen direkten oder indirekten Arbeitsplatz zu schaffen, war eine dringende und unaufschiebbare Notwendigkeit für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der kubanischen Nation, wo einheimische und ausländische Großeigentümer Latifundien bis zu 150 000 Hektar Boden besaßen, der extensiv genutzt wurde oder Brachland war. Das Gesetz bestimmte eine Entschädigung mit Laufzeit in angemessenen und möglichen Raten und Fristen. Es war absolut kein Geld da, um anders zu verfahren. Das kubanische, also das Gesetz eines nicht industrialisierten Landes, war bei weitem nicht so radikal und viel großzügiger als jenes, das der US-amerikanische General Douglas MacArthur am Ende des zweiten Weltkrieges Japan aufzwang.

Im Falle Kubas forderten die Vereinigten Staaten das Unmögliche: eine sofortige, vollständige und Barzahlung.

Sogar der Botschafter der Vereinigten Staaten erklärte in einem heute schon kein Geheimnis mehr darstellenden vertraulichen Schreiben an seine Regierung: "Die Botschaft sieht in den Paragraphen des Agrarreformgesetzes zur Zahlung für enteigneten Grund und Boden kein Zeichen von Antiamerikanismus; sie neigt eher dazu, die Art, wie die kubanische Regierung sie verteidigt, als ehrlich zu akzeptieren, denn sie tut es auf der Basis, daß sie jetzt nicht in der finanziellen Lage ist, einen gerechten, schnellen und effektiven Ausgleich zu schaffen und daß sie aus revolutionären Gründen die Agrarreform nicht aufschieben kann, bis sich die Finanzlage gebessert hat."

Einen Monat nach der Verkündung des lebenswichtigen Gesetzes der Agrarreform beginnen die Vereinigten Staaten am 24. Juni, den Einsatz radikalerer und tödlicher Mittel gegen unsere Wirtschaft in Betracht zu ziehen. Auf einer Beratung im Außenministerium zu den Aktionsvarianten gegen Kuba wurde das Kriterium laut, "die Regierung der Vereinigten Staaten habe umgehend eine sehr nachdrückliche Haltung gegen dieses Gesetz und seine Durchführungsbestimmungen einzunehmen" und "das beste Mittel, das nötige Ergebnis zu erreichen, sei der wirtschaftliche Druck". Es wurde das Aussetzen der kubanischen Zuckerquote auf dem US-amerikanischen Markt erwogen, wodurch "in der Zuckerindustrie ein steiler und unmittelbarer Rückgang eintrete, was wiederum generell eine höhere Arbeitslosenquote verursache. Viele Menschen blieben arbeitslos und begännen zu hungern. Gemäß dem jetzt freigegebenen Memorandum jener Beratung bezeichnete Außenminister Herter die Vorschläge klar und ausdrücklich als "Maßnahmen des Wirtschaftskrieges".

Die ganz klar völkermörderische Absicht wurde auf schamloseste Weise in einem Staatsdokument kundgetan, das von einem hohen Beamten des Außenministeriums, L.D.Mallory, am 6. April 1960 unterzeichnet worden war. Nachdem die Einsicht zum Ausdruck gebracht wurde, daß "die Mehrheit der Kubaner Castro unterstützen" und "keine wirksame politische Opposition existiert", heißt es weiter, daß "das voraussichtlich einzige Mittel zur Unterbindung der inneren Unterstützung in der Enttäuschung und Entmutigung als Folge von Unzufriedenheit und ökonomischen Schwierigkeiten zu suchen ist. [...] Es ist schnellstens jedes zur Schwächung des Wirtschaftslebens Kubas nur vorstellbare Mittel einzusetzen. Eine Aktionslinie stärkster Wirkung ist die Verweigerung von Geld und Lieferungen für Kuba, damit sinken die Real- und Geldlöhne, um Hunger, Verzweiflung und den Sturz der Regierung zu bewirken." Roy Rubotom, Vizeminister für interamerikanische Angelegenheiten des Außenministeriums, schrieb am Rande des Memorandums die lakonische Anwort „Yes".

Drei Monate später wird am 6. Juli 1960 die bereits ein Jahr vorher geplante Maßnahme ergriffen: Die kubanische Zuckerquote wird ausgesetzt. Niemals mehr haben die Vereinigten Staaten Kuba auch nur ein einziges Pfund Zucker abgekauft. Ein Markt, der seit mehr als hundert Jahren zwischen den Vereinigten Staaten und Kuba bestand, sicherer Lieferant des lebenswichtigen Nahrungsmittels in dieses Land während der zwei Weltkriege in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts, aus denen jenes Land als der reichste und mächtigste Staat der Welt hervorging; dieser Markt war urplötzlich nicht mehr da. Das war ein erbarmungsloser Schlag gegen die Hauptquelle für Arbeit und Reichtum des Landes und beraubte es der nötigen Gelder für den Erwerb von Nahrungsmitteln, Medikamenten, Brenn- und Rohstoffen, die für das materielle Leben unseres Volkes erforderlich waren.

Nach dieser Aktion erklärte der Präsident der Vereinigten Staaten, Dwight Eisenhower: "Wir müssen noch andere wirtschaftliche, diplomatische und strategische Aktionen ins Auge fassen." Das war nichts anderes als eine psychologische Vorbereitung der Weltöffentlichkeit. Seit geraumer Zeit war die strategischste der Aktionen jener Etappe bestätigt worden und befand sich in voller Vorbereitung: Die Söldnerinvasion in Playa Girón.

Von nun an häuften sich die sukzessiven Maßnahmen wirtschaftlichen Charakters gegen das kubanische Volk, bis es zu einer totalen und absoluten Blockade kam, die soweit ging, daß die Ausfuhr einer in den Vereinigten Staaten produzierten Aspirintablette in unserem Land verboten war wie auch der Export in jenes Land einer ganz einfachen in Kuba gezüchteten Blume. Für die US-Amerikaner galt in Verletzung ihrer Verfassungsrechte unter Androhung harter Freiheitsstrafen das Verbot, Kuba zu besuchen, ein nie dagewesener Fall in der Geschichte unserer Zeit.

Die Verschärfung dieser absoluten Blockade unter der offiziellen zynischen verschönerten und scheinbar harmlosen Bezeichnung "Embargo" hat im Verlaufe von vierzig Jahren nie nachgelassen.

Aufgrund der Unmöglichkeit, rechtzeitig und auf normalem Wege Medikamente mit US-amerikanischem Patent, die in Unternehmen der Vereinigten Staaten im eigenen Land oder in deren Tochterunternehmen im Ausland, oder in einheimischen Industrien anderer Länder der Welt produziert wurden, mußten nicht wenige Menschen sterben oder erlitten gesundheitlich nicht wieder gutzumachenden Schaden.

Man kann sich nichts Schlimmeres als grausames, so lange Zeit kalt und erbarmungslos begangenes Verbrechen vorstellen. Werden auch mit der fortgeschrittensten Technologie Nahrungsmittel für Kinder, alte Menschen, schwangere Frauen oder Kranke, sei es in den Vereinigten Staaten durch landeseigene oder fremde Unternehmen, sei es in anderen Ländern durch US-amerikanisache Unternehmen, produziert, so sind diese Produkte niemals unseren Kindern, alten Menschen, schwangeren Frauen oder Kranken zugänglich; nicht einmal irgendein medizinisches Gerät, das irgendwo auf der Welt mit qualifizierter Arbeitskraft und Ausgangsstoffen anderer Länder hergestellt wird, darf auch nur das kleinste US-amerikanische Bauteil enthalten, um nach Kuba exportiert werden zu dürfen.

So war also ganz detailliert und minuziös die Blockade gegen das kubanische Volk konzipiert.

Weder all jene Dinge, noch die Abwerbung und der Raub der Ärzte, von denen sie uns um die Hälfte der in den ersten Jahren der Revolution vorhandenen Anzahl brachten, und von Zehntausenden von Berufskadern und Technikern, ausgebildet durch ein Land, das in nur einem Jahr das Analphabetentum zu beseitigen fähig war, waren ausreichend, das Durchhaltevermögen unseres Volkes zu brechen. In der kritischsten und schwersten Zeit, als die UdSSR und das sozialistische Lager nicht mehr existierten, die wesentlichen Absatz- und Bezugsquellen, die dem Land geblieben waren, um dem grausamen Wirtschaftskrieg gegen die nur 90 Meilen von den Küsten der Vereinigten Staaten entfernte Insel zu trotzen, in jener Zeit also beschlossen sie, noch schonungsloser gegen Kuba vorzugehen: mit grobem und widerlichem Opportunismus wurde die Blockade auf ein Maximum verschärft.

Einige US-amerikanische Nahrungsmittel vermarktende Multis mit Sitz im Ausland lieferten weiterhin unter Überwindung unzähliger Hindernisse und Beachtung der auferlegten Regeln aus weitentfernten Ländern bestimmte Nahrungsmittelposten nach Kuba. Die brutale Belagerungspolitik mittels Hunger und Krankheit sollte bald zur Folge haben, daß dem Land sogar diese Möglichkeiten des Nahrungsmittelbezugs entrissen wurden.

Das sogenannte Torricelli-Gesetz von 1992 bestimmte das Verbot des Handels mit Kuba für die US-amerikanischen Tochterunternehmen mit Sitz in anderen Ländern neben anderen Restriktionsmaßnahmen, die den Seetransport von Nahrungsgütern und anderen Waren zwischen Kuba und der übrigen Welt behinderten. Im Endergebnis wurden diese Handelsgeschäfte eingestellt; das bedeutete bei Nahrungsmitteln und Medikamenten eine Importreduzierung von mehr als 700 Millionen Dollar.

Ihre schändlichste Stufe erreicht diese völkermörderische Politik mit dem Helms-Burton-Gesetz, in dem sämtliche früheren administrativen Verbote vereint sind und das die Blockade intensiviert und sie für alle Ewigkeit errichtet. Diesem Gesetz gemäß bleibt die Blockade sogar in der Annahme in Kraft, daß die Revolution niedergeschlagen wird. Laut der bekannten Ausgeburt von Gesetz könnte die Blockade selbst nach dem Einsatz eines Marionettenregimes erst aufgehoben werden, nachdem die sogenannte Eigentumsfrage dem erwähnten Gesetz entsprechend geklärt ist, das heißt nach der Zurückgabe – an die Batistianos, Veruntreuer und ehemaligen Ausbeuter - des erhaltenen Bodens der Einzelbauern, der Solidarbetriebe und der bestehenden Staatsgüter in unserem Land sowie der Wohnungen, Fabriken, Sozialbauten wie Schulen und Krankenhäuser und anderen, die bereits bestanden oder von der Revolution auf dem Boden ehemaligen einheimischen und ausländischen Großgrundbesitzes oder auf urbanisiertem Gelände geschaffen wurden, auf dem mehr als eine Million neuer Wohnungen gebaut wurden, ein ganzer Komplex von Gütern, die die Revolution neben der definitiven Unabhängigkeit des Vaterlandes dem Volk übergab.

Um die gegen das kubanische Volk verhängte Blockade noch weiter zu verschärfen, wurden zahlreiche Amendements zu wichtigen Gesetzen - die von einer derartigen Dringlichkeit und so umfassendem Inhalt waren, daß viele US-amerikanische Kongreßabgeordnete nicht einmal die nötige Zeit hatten sie zu lesen - mit erhobener Hand im Kongreß der Vereinigten Staaten verabschiedet. Die mit der Ultrarechten verbundene kubanisch-amerikanische Terroristenmafia erreichte, daß die Blockade nicht mehr alleinige Befugnis der Exekutive war und in rigorosen und unflexiblen Gesetzen ihren Niederschlag fand. Auf diese Weise erlangte der Völkermord institutionellen Charakter.

Eine exakte Berechnung des durch diese völkermörderische Aktion verursachten menschlichen und materiellen Schadens ist unmöglich.

Der US-amerikanische Weltgesundheitsverband (AAWH) schlußfolgerte 1997 nach der Analyse der in diesem Bereich eingetretenen Folgen, daß "die grundlegendsten internationalen Abkommen und Konventionen verletzt werden, die Richtschnur für die Menschenrechte sind, einschließlich der Charta der Vereinten Nationen, der Satzung der Organisation der Amerikanischen Staaten und der Artikel der Genfer Konvention, die die Behandlung von Zivilpersonen in Kriegszeiten regeln. [...] Die Genfer Konventionen mit zirka 165 Mitgliedsländern, die Vereinigten Staaten eingeschlossen, fordern freies Geleit für sämtliche medizinischen und Nahrungsmittellieferungen zur zivilen Nutzung in Kriegszeiten. Die Vereinigten Staaten und Kuba stehen nicht im Krieg. Mehr noch, ihre Regierungen unterhalten diplomatische Vertretungen in Havanna und Washington. Jedoch hat der AAWH festgestellt, daß die Restriktionen des Embargos eine wissentliche Blockierung des Zugangs der kubanischen Bevölkerung zu Nahrungsmitteln und Medikamenten - in Friedenszeiten - bedeuten."

Im gleichen Bericht bringt der US-amerikanische Weltgesundheitsverband seine Meinung zum Ausdruck, wonach "das von den Vereinigten Staaten gegen Kuba verhängte Embargo den Gesundheits- und Ernährungszustand einer großen Anzahl kubanischer Bürger dramatisch geschädigt hat. [...] Unsere Schlußfolgerung ist, daß das Embargo der Vereinigten Staaten das Leid in Kuba noch viel schwerer gemacht und sogar Todesfälle verursacht hat".

Sieben Jahre nacheinander hat die Vollversammlung der Vereinten Nationen bei jeder Gelegenheit eine Resolution zu der Notwendigkeit verabschiedet, der dem kubanischen Volk von der Regierung der Vereinigten Staaten aufgezwungenen Wirtschaftsblockade ein Ende zu setzen. Die Verurteilung dieser völkermörderischen Politik wird Jahr um Jahr spürbar stärker.

Im Zeitraum von 1992 bis 1998 stimmten für die Kuba-Resolution in jenen sieben Jahren jeweils 59, 88, 101, 117, 137, 143 und 157 Länder. Die Vereinigten Staaten erhielten im gleichen Zeitraum - einschließlich ihrer eigenen - nur 3, 4, 2, 3, 3, 3 und 2 Stimmen. Ihre Isolierung in der völkermörderischen Politik kann unmöglich beschämender sein.

Die Blockade bringt das Land nicht nur um die unerläßlichen Lieferungen aus dem Ausland. Sie vorenthält ihm auch die Absatzmärkte für seine Produkte, mit denen die Importkosten zu decken sind. Sie bringt es um die für einen normalen Handel nötigen Kredite und um die Transportmittel; treibt Preise und Kosten in astronomische Höhen; verhindert den Zugang zu Saatgut, sanitären Mitteln zur Bekämpfung von Plagen und Krankheiten, zu effizienteren Technologien der Nahrungsmittelproduktion; legt der wirtschaftlichen Entwicklung in jeder Hinsicht Steine in den Weg. Ihre Auswirkung auf das Leben eines Landes ist verheerend. Nur ein Volk mit einer hohen politischen und patriotischen Kultur, ein vor den bewundernden Augen der Welt wahrhaft außerordentliches und heroisches und siegessicheres Volk konnte in der Lage sein, all dem standzuhalten. Dieses Volk hat es verstanden, sich den folgenden Denkspruch Martís zu eigen zu machen: "Die Freiheit ist sehr teuer, und man muß sich entweder mit einem Leben ohne sie abfinden oder sich entschließen, sie für ihren Preis zu kaufen." Das befreit die Verantwortlichen des gegen dieses Volk begangenen und noch andauernden monströsen Verbrechens bei weitem nicht von ihrer Schuld.

Der Artikel VI der Konvention, mit der wir diesen Aufruf einleiteten, legt ohne den geringsten Zweifel aufkommen zu lassen fest: "Die des Völkermordes oder jeder anderen im Artikel III genannten Handlung angeklagten Personen werden von dem zuständigen Gerichtshof des Staates gerichtet, in dessen Territorium die Handlung begangen wurde."

Der Absatz e) des genannten Artikels bestimmt mit ebensolcher Deutlichkeit, daß auch die Beihelfer zum Völkermord bestraft werden.

Die Nationalversammlung des Poder Popular Kubas erklärt:

1. Die von der Regierung der Vereinigten Staaten Kuba auferlegte Wirtschaftsblockade ist ein internationales Verbrechen des Völkermordes gemäß den Festlegungen der Konvention zur Verhütung und Bestrafung des Völkermordes, die am 9. Dezember 1948 von den Vereinten Nationen angenommen wurde.

2. Auf der Basis der dargelegten Argumente und der genannten Deklaration proklamiert die Nationalversammlung das Recht Kubas auf Forderung der Bestrafung derartiger Tatbestände.

3. Angesichts des schweren, systematischen und vierzig Jahre fortgesetzten Völkermordes gegen das kubanische Volk kommt es entsprechend den internationalen Regeln, Prinzipien, Abkommen und Gesetzen den kubanischen Gerichten zu, die Schuldigen in Anwesenheit oder Abwesenheit zu richten und zu sanktionieren.

4. Für Akte des Völkermordes und andere Kriegsverbrechen kommt keine Verjährung zur Anwendung.

5. Den Schuldigen können Sanktionen bis zu lebenslänglichem Freiheitsentzug ausgesprochen werden.

6. Die strafrechtliche Haftung befreit den Aggressorstaat nicht von der materiellen Entschädigung für den verursachten menschlichen und wirtschaftlichen Schaden.

7. Die internationale Gemeinschaft wird zur Unterstützung dieses Kampfes aufgerufen, da er die elementarsten Prinzipien von Gerechtigkeit, dem Recht auf Leben, Frieden und Freiheit aller Völker verteidigt.

Havanna, den 13. September 1999.