PROKLAMATION DER NATIONALVERSAMMLUNG DES PODER POPULAR DER REPUBLIK KUBA ZUM CUBAN ADJUSTMENT ACT

Nach sieben Monaten energischen, unermüdlichen, klugen und entschlossenen Kampfes hat unsere Heimat nun mit der Befreiung und Rückführung nach Kuba des entführten Kindes Elián González in Begleitung seines würdigen und mutigen Vaters einen ehrenvollen und gerechten Sieg errungen. Diese Schlacht, die wir bis zum Äußersten bereit waren auszufechten, war ein Beweis für die Einigkeit, die Standhaftigkeit, den Heldenmut und die Kampfesfähigkeit unseres Volkes.

Nun muß, ohne auch nur eine Minute zu verlieren, ohne der Ermüdung nachzugeben, weitergekämpft werden, bis die Ursachen beseitigt sind, die zu dieser Tragödie geführt haben. Es muß alles getan werden, um zu vermeiden, daß sich so etwas wiederholt. Dieses wird nur erreicht, wenn mit der verbrecherischen, unmoralischen und diskriminatorischen Migrationspolitik, die der Imperialismus gegen Kuba seit dem Sieg der Revolution betreibt und die ihren Ausdruck im Cuban Adjusment Act findet, Schluß gemacht wird. Es ist diese eine perverse Politik, wissentlich konzipiert, um die kubanische Gesellschaft zu destabilisieren und zu untergraben; in zynischer Berechnung, um Tod und Leiden zu provozieren. Dabei werden schamlos die durch dieses Gesetz bewirkten Tragödien manipuliert.

Der Charakter dieser 1966 verabschiedeten Ausgeburt von Gesetz begünstigte vor allem die Batistaanhänger. In seinem Wortlaut wird ausdrücklich unterstrichen, daß es sich um ein Gesetz zur Begünstigung jener handelt, die aus Kuba am 1. Januar 1959 entkamen. Dabei fanden die nicht wenigen Kubaner, die vor oder während der Batista-Tyrannei in die Vereinigten Staaten emigriert waren, keine Beachtung. Daher ist es ein gegen die Kubaner gerichtetes diskriminatorisches und unmoralisches Gesetz bereits von Anfang an. Jene, die zum damaligen Zeitpunkt oder unmittelbar danach in den ersten sechziger Jahren in die Vereinigten Staaten auswanderten, taten dies nicht in rustikalen und brüchigen Booten, sondern sie reisten in Luxusyachten, in ihren Privatflugzeugen oder in Linienflügen direkt aus Kuba, die es bis zu ihrem Verbot Ende 1962 durch die US-Behörden als Teil des Wirtschaftskrieges gegen unser Land gab.

Der Gültigkeit dieses Gesetzes waren keine zeitlichen Schranken gesetzt; und nachdem die diplomatischen Beziehungen abgebrochen, die Visumserteilung ausgesetzt und die normalen Reisemöglichkeiten zwischen beiden Ländern abgeschafft waren, bestand die einzige Absicht des Gesetzes in der Ermutigung der Kubaner zum illegalen Verlassen des Landes mit Inkaufnehmen der Risiken des Seeweges. Diejenigen, die dem viele Jahre lang nachgegangen sind, konnten mit der aktiven Mitarbeit der US-Behörden und der Küstenwache rechnen, die systematisch und in der Regel die Reisenden in den Gewässern nahe der kubanischen Küste aufnahmen und sie auf US-amerikanisches Territorium brachten. Andere, denen nicht das Glück beschieden war, bei ihrer Überfahrt auf Marineeinheiten der USA zu stoßen, kostete es bedauerlicherweise das Leben. Sowohl die einen als auch die anderen wurden auf zynische Weise von der kubafeindlichen Propaganda des Imperiums benutzt, für die in den vier Jahrzehnten Milliarden Dollar ausgegeben wurden.

In einer Riesenoperation der Fälschung der Tatsachen und Förderung der Lüge haben sie versucht, die Kubaner als Menschen hinzustellen, die nach den USA "entkommen" möchten, und die Vereinigten Staaten als die "großmütige" Nation, die sie aufnimmt. In weder dem einen noch dem anderen steckt auch nur ein Funken Wahrheit. Die offiziellen US-Statistiken sind ein Beweis dafür.

Trotz daß zum Ankurbeln der Auswanderungen mehr als vierzig Jahre lang eine spezielle sich im Cuban Adjustment Act äußernde und auf diverse Weise geförderte Kuba-Politik betrieben wurde und daß das kubanische Volk das einzige ist, gegen das ein massenmörderischer Wirtschaftskrieg geführt wird, der u.a. die Emigrationstendenz fördernde Bedingungen aufdrängt, gehört Kuba nicht zu den Hauptentsenderländern von Emigranten. Mehrere Länder des Kontinents zeigen bei geringerer Bevölkerungsanzahl als Kuba viel höhere Emigrantenzahlen. Könnte die Anzahl der Personen ohne Ausweispapiere in den Vereinigten Staaten genau berechnet werden, so wäre der Kontrast noch offensichtlicher. Als solche leben dort nicht zu erfassende Millionen Lateinamerikaner, währenddessen aufgrund des ruchlosen Gesetzes kein Kubaner als illegal ansässig gilt.

Während all dieser Jahre hat es in steigender Anzahl bis heute viele Emigranten anderer Nationalitäten gegeben, die aus noch weiter entfernten Gebieten ebenfalls die US-amerikanische Küste zu erlangen versuchten, ohne Schutz und Hilfe seitens der Küstenwache zu erhalten, die sie bei Auffinden unweigerlich wieder in ihre Ursprungsländer ausweist. Den US-Amerikanern ausweichen müssend, sind diese Emigranten stets größere Risiken eingegangen und haben mehr Menschenleben zu beklagen gehabt. Doch von ihnen wird nur sehr wenig gesprochen; sie werden einfach totgeschwiegen. Wer es erreicht, in die Vereinigten Staaten zu gelangen, gehört dann zu den Millionen Menschen ohne Ausweispapiere, die Opfer ständiger Verfolgung der Einwanderungsbehörde jenes Landes sind.

Auf verbrecherische Weise haben die Vereinigten Staaten die Kubaner ermutigt, ihr Leben bei gefährlichen Überfahrten aufs Spiel zu setzen in der einzigen, unehrenhaften und widerlichen Absicht, Kuba zu verleumden und sein Image grob zu verzerren. Denjenigen, die bereit sind, ihr Leben und das anderer Menschen – einschließlich Kinder, Frauen und alter Menschen - zu riskieren, öffnen sie ihre Türen ohne jegliche Anforderungspflicht. Auf diese Weise haben sie Tausende von Individuen aufgenommen, denen kein Visum erteilt wurde oder worden wäre, darunter nicht wenige mit äußerst negativem Führungszeugnis. Auf diese Weise haben sie dem schändlichen Geschäft des Menschenschmuggels stattgegeben, verbunden mit dem Drogenhandel, gegen den sie auch keinerlei wirkungsvolle Maßnahme ergreifen.

Viele jener Kubaner oder ihre Nachkommen, die die reale Erfahrung eines Lebens in jener korrupten, gewalttätigen, rassistischen und zutiefst ungerechten Gesellschaft machen und ebenfalls die Ausbeutung und Diskriminierung kennenlernen mußten, sehnen sich traurig nach der Heimat, die sie verloren haben.

In den Jahren 1994 und 1995 unterzeichnete Washington Migrationsabkommen mit Kuba, in denen es sich zur Unterbrechung dieser unverantwortlichen Politik sowie zu Bemühungen verpflichtete, die Emigration lediglich mittels legaler, sicherer und geordneter Verfahren zu bearbeiten. Durch dieses Abkommen konnte eine beachtliche Anzahl der Emigrationsbewerber in geeigneter Form auswandern. Doch es hat zu keiner Normalisierung auf diesem Gebiet geführt, denn seine Durchsetzung war von der niemals aufgegebenen Absicht belastet, das Emigrationsthema als einen Teil ihres Arsenals gegen die Kubanische Revolution zu benutzen. Im praktischen Leben - vor allem nach den vom Immigrations- und Einbürgerungsbehörde letztes Jahr beschlossenen Verfügungen - sind der Cuban Adjustment Act und seine Anwendung eine permanente Verletzung jener Beschlüsse wie sie auch die von den aus den USA nach Kuba sendenden und sogar offiziell gesponsorten Rundfunkstationen ständige Ermutigung zur illegalen Emigration ist.

Kuba ist seinerseits den unterzeichneten Verpflichtungen strikt nachgekommen. Wir haben alle uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten genutzt, um auf friedlichem Wege der illegalen Emigration einen Riegel vorzuschieben und haben alle anderen Aspekte jenes Abkommen eingehalten.

Die Vereinigten Staaten müssen einen Schlußstrich ziehen unter ihre verbrecherische, unverantwortliche und demagogische Politik, die gegen die Kubaner konzipiert wurde und betrieben wird, die jedoch ebenso den lateinamerikanischen Völkern sowie den Interessen der US-Bürger selbst schadet. Der mörderische Cuban Adjustment Act ist außer Kraft zu setzen.

Was reguliert werden muß, ist der Status von Millionen Lateinamerikanern und anderen Emigranten, die verfolgt, diskriminiert und schikaniert werden in einem Land, in dem sie unter extremen Bedingungen der Ausbeutung und des Mißbrauchs hart arbeiten.

Wenn die Vereinigten Staaten bereit sind, jedem Kubaner, der ihr Territorium erreicht, eine legale Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen - so wie sie es tatsächlich mit jenen handhaben, die ihr Leben unnötigerweise aufs Spiel setzen -, dann sollten sie all jenen ein Visum erteilen, die auf legale und normale Weise auszuwandern wünschen, ohne sie einem Dokumenten- oder Anforderungszwang auszusetzen, so wie sie es bei jenen praktizieren, die ihre und unsere Gesetze übertreten.

Das monströse Verbrechen gegen das kubanische Volk muß aufhören; die abscheuliche und zynische Ausbeutung menschlicher Wesen muß aufhören; der niederträchtige Menschenschmuggel und die schamlose offizielle Duldung dieser infamen Handlungen müssen aufhören; der Massenmord, die Lüge, die Geringschätzung von Menschenleben müssen aufhören; die Fremdenfeindlichkeit, die Unterdrückung, der Haß und der Mißbrauch gegen lateinamerikanische Immigranten müssen aufhören.

Wir werden weiterkämpfen, bis wir dies alles erreicht haben. Wir werden bis zur Erfüllung des Schwures von Baraguá kämpfen, und zwar mit der gleichen Kraft und Beharrlichkeit wie wir für die Rettung Eliáns gekämpft haben. Unsere Schlacht gilt der Rettung des Vaterlandes. Sie ist eine Schlacht für das Leben.

 

Havanna, den 12. Juli 2000, "Jahr des 40. Jahrestages des Entschlusses Vaterland oder Tod"

Nationalversammlung des Poder Popular