Reflexionen des Genossen Fidel

 

Das Ungewöhnliche

 

 

Am Sonntag, den 12. Oktober haben die Länder der Eurozone auf Initiative von Sarkozy, dem Präsidenten von Frankreich, einen Aktionsplan gegen die Krise beschlossen. 

 

Am Montag, den 13. Oktober werden die Millionen und Abermillionen hohen Geldsummen genannt, mit denen die europäischen Länder den Finanzmarkt spritzen werden, um einen Kollaps zu vermeiden. Aufgrund dieser überraschenden Nachrichten sind die Aktienwerte wieder gestiegen. Laut der genannten Beschlüsse und anhand der Befragung haben sich Deutschland zu 480, Frankreich zu 360, die Niederlande zu 200, Österreich und Spanien zu je 100 Milliarden Euro verpflichtet, und so weiter, bis man einschließlich des Beitrages von Großbritannien auf eine Gesamtsumme von 1,7 Billiarden Euros kam. An diesem Tag entsprach diese Summe 2,2 US-Dollar -der Wechselkurs variiert ständig von einer zur anderen Währung- die zu den 700 Milliarden US-Dollar der Vereinigten Staaten von Amerika addiert werden.

 

Die Aktien der großen Konsortien, die nicht Pleite waren, haben   eine abrupte Erhöhung ihrer Werte erlebt, obwohl diese die erlittenen Verluste in den neun tragischen Tagen noch lange nicht ausgleicht, aber damit haben die Politiker und Bankiers des entwickelten Kapitalismus zumindest eine Dosis Sauerstoff erhalten.

 

Am selben Abend hat Silvio Berlusconi, Ministerpräsident Italiens, eine Rede während eines Empfangs gehalten, der zu seinem Ehren im Weißen Haus, gegeben wurde, in der er Bush seine Ehre erweist. „Wir vertrauen auf den Präsidenten, der den Mut hatte, etwas zu verwirklichen, was er als gerecht  betrachtete und was er für sich selbst, für sein Volk und für die Welt tun soll.“ 

 

Da ist er wirklich zu weit gegangen!

 

Genau am selben Tag, den 13., wurde der Wirtschafts-Nobelpreis 2008 an den US-Staatsbürger Paul Krugman verliehen. Er ist zweifellos ein Verteidiger des kapitalistischen Systems, aber gleichzeitig ein großer Kritiker des Präsidenten Bush. 

 

Mit dem Titel Gordon hat es sehr gut gemacht, veröffentlicht am 14. in der Zeitung El País, hat er verschiedene Ideen geäußert, einigen davon sind es wert, wörtlich zitiert zu werden:

 

„Es ist selbstverständlich, dass, um dem Problem des Mangels an Finanzkapital zu begegnen, der Staat den Finanzinstituten mehr Kapital als Gegenleistung für ein Teil des Eigentums bereitstellen muss …

 

Diese Art temporärer Teilverstaatlichung war auch aus privater Sicht die bevorzugte Lösung von Ben Bernanke, dem Präsidenten der Federal Reserve der USA.

 

Als er sein Finanzhilfspaket von 500 Milliarden Euro verkündete, hat  Henry Paulson, US-Finanzminister, diesen offensichtlich günstigeren Weg mit dem Argument, dass man diesen nur im Falle eines Börsenkrachs anwendet, abgelehnt.

 

Die britische Regierung ist direkt auf den Grund des Problems gegangen und hat überraschend schnell eine Lösung gefunden.

 

Paulson ― nach einer vermutlichen Verschwendung höchst wertvoller Wochen ― hat es sich anders überlegt und versucht jetzt Bankaktien statt toxischen hypothekarischen Vermögens zu erwerben.

 

Wie ich gesagt habe, wir wissen nicht, ob diese Maßnahmen funktionieren oder nicht … Diese klare Erkenntnis musste erst aus London und nicht aus Washington kommen.

 

Es ist schwierig, sich des Gefühls zu erwehren, dass die ursprüngliche Antwort von Paulson von der Ideologie verfälscht war. Erinnern Sie sich, dass er für eine Regierung arbeitet, deren Philosophie, auf einen Nenner gebracht, lautet ‚Privat ist gut, Öffentlich ist schlecht’.   

 

In der ganzen Exekutive waren die Sachverständigen entlassen worden; vielleicht arbeitet in der Schatzkammer niemand mit dem erforderlichen Niveau und einer Laufbahn, der Paulson sagen kann, dass das, was er tat, keinen Sinn hatte.

 

Zum Glück für die Weltwirtschaft hat einen Sinn, was Gordon Brown und seine Minister machen. Und vielleicht haben sie uns den Weg gewiesen, um diese Krise zu überwinden.“

 

Nicht einmal der Wirtschafts-Nobelpreisträger 2008 ist sich dessen sicher, wie er gesteht, dass jene Maßnahmen funktionieren.

 

Das sind ungewöhnliche Dinge.

 

Am Dienstag, den 14., sind die Aktienpreise an den Börsen um einige Punkte gesunken. Das Lächeln wurde schon ein bisschen stereotyper.

 

Die europäischen kapitalistischen Länder, von Produktionskapazitäten und Waren gesättigt, suchen verzweifelt nach Märkten, damit es nicht zu Streiks im Arbeits- und Dienstleistungssektor kommt, damit Sparer ihr Geld nicht verlieren und Bauern nicht Pleite gehen. Keines der Länder ist deshalb in der Lage, der übrigen Welt Bedingungen und Lösungen aufzuzwingen. So die Meinung von Staatschefs wichtiger Schwellenländer sowie armer und wirtschaftlich ausgeplünderter Länder, die Opfer des ungleichen Austauschs sind.

 

Heute, am Mittwoch, den 15., ist der Aktienwert an der Börse plötzlich wieder gesunken.

 

McCain und Obama werden heute Nacht über das wirtschaftliche Thema hitzig diskutieren.

 

In der großen Demokratie der Vereinigten Staaten ist die Hälfte der Stimmberechtigten nicht eingetragen; von den Eingetragenen geht die Hälfte nicht wählen und nur 25 % der Wahlberechtigten wählen diejenigen, die regieren. Viele, die vielleicht für den schwarzen Kandidaten stimmen wollen, können das nicht tun.

 

Laut Umfragen rechnet dieser Kandidat mit einer überwältigenden Mehrheit. Trotzdem traut sich niemand zu sagen, wie das Ergebnis aussehen wird.

 

Der 4. November wird, bedingt durch die wirtschaftliche Krise, in der die Gesellschaft der Vereinigten Staaten auf dem Prüfstein steht, ein sehr interessanter Tag für die Weltöffentlichkeit sein.

 

Hinsichtlich der Wahlen sind wir nur einer Sache sicher: bei den nächsten Wahlen in Großbritannien wird man Gordon Brown nicht als Ministerpräsident wählen.

 

 

Fidel Castro Ruz

15. Oktober 2008

19:05 Uhr