Reflexionen des Genossen Fidel

 

DAS IMPERIUM VON INNEN

 

(DRITTER TEIL)

 

„KAPITEL 15

 

Zwei Tage nach der ersten Strategiesitzung erschien Admiral Mullen vor dem Ausschuss der Bewaffneten Dienste des Senats zur Anhörung im Hinblick auf ein zweites Mandat von weiteren zwei Jahren. Im seinen Plädoyer bezog sich der Admiral auf die von McChrystal vorgeschlagene Strategie und fügte hinzu, dass das ‚möglicherweise einen größeren Truppeneinsatz bedeutet’.

 

Als Obama von Mullens Erklärung erfuhr, ließ er seinen Mitarbeiterstab wissen, wie unzufrieden er war, als er hörte, dass Mullen öffentlich die McChrystal-Strategie unterstützt. Der Admiral erklärte, dass ‚die Taliban-Bewegung sowohl an Größe als auch an Komplexität gewachsen sei’, und er deswegen die Bemühungen in Richtung einer Aufstandsbekämpfung mit geeigneten Mitteln unterstütze. Wusste der Admiral etwa nicht, was Obama nur zwei Tage zuvor gesagt hat?  Hat der Präsident nicht allen Anwesenden, also auch Mullen, gesagt, dass keine der Optionen zu passen scheint, und dass es notwendig sei, dass sie ihre eigenen Annahmen in Frage stellen und in vier oder fünf Sitzungen über diese Angelegenheit debattieren sollten?  Was also hat der Oberste Militärberater des Präsidenten getan, indem er diese vorläufigen Schlussfolgerungen öffentlich bekannt machte?

 

In der Sitzung der Chefs des Nationalen Sicherheitsrates war offensichtlich, dass sie wütend waren. Die Generäle und Admiräle versperren dem Präsident ständig den Weg.

 

Emmanuel kommentierte, dass das Verhalten untereinander zwischen Admiral und Petraeus nicht korrekt sei, dass alle öffentlich den Gedanken unterstützt haben, dass es notwendig sei, mehr Truppen zu senden. Der Präsident hatte nicht die geringste Chance.

 

Morrell war der Meinung, dass Mullen die Gegensätze bei seiner Audienz hätte vermeiden können, wenn er ganz einfach nur gesagt hätte, dass er der Oberste Militärberater des Präsidenten der Vereinigten Staaten und des Verteidigungsministers sei, und dass er beiden seine Empfehlungen zuerst im privaten Gespräch mitteilen würde, bevor sie öffentlich bekannt gegeben würden, und dass er es nicht für angemessen halte, sie zuerst dem Ausschuss mitzuteilen.

 

Morrell dachte, dass alles sei Teil des zwanghaften Mitteilungsbedürfnisses, unter dem Mullen litt, um sich hervorzutun und das Wertmaß seiner Stellung zu stärken. Er hatte eine Webseite in Facebook, ein Account in Twitter, Videos in YouTube und eine Webseite mit dem Name ‚Reisen mit Mullen: ein Gespräch mit dem Land.’

 

Mullen selbst bemerkte, als er in die Lobby ging, dass er der Mittelpunkt einer hitzigen Auseinandersetzung war.

 

Emmanuel und Donilon fragten ihn: ‚Wie sollen wir dieser Angelegenheit nun gegenüber treten? Du hast das gesagt, und was sollen wir nun sagen?’

 

Emmanuel fügte hinzu, dass dieser Satz in allen Abendnachrichten Schlagzeilen machen würde. 

 

Mullen war erstaunt. Das Weiße Haus wusste im Voraus, was er sagen wird, aber in seiner Erklärung hatte er keine Zahlen über die Truppen genannt. Er war so allgemein geblieben, wie er nur konnte. Aber bei seiner Anhörung hatte er die Wahrheit zu sagen, und die Wahrheit war, dass er die Vorstellung über die Notwendigkeit einer Aufstandsbekämpfung unterstütze. ‚Das ist, was ich denke’, sagte er. Welche Alternative hatte er?

 

Donilon fragte sich, warum Mullen das Wort ‘möglicherweise’ benutzt hat, und warum er nicht gesagt hat: ‚Ich weiß es nicht.’ Das wäre besser gewesen.

 

Die Schlagzeile der ersten Seite der The Washington Post am nächsten Morgen lautete: ‚Mullen: ‚Möglicherweise’ werden mehr Truppen benötigt.’

Am 16. September hat Obama Collin Powell, General a.D., zu einem Privattreffen ins Ovale Büro einberufen. Als Republikaner hatte Powell Obamas Wahlkampagne sehr stark unterstützt.

 

Bezüglich Afghanistans sagte Powell zu ihm, dass es sich nicht um eine Entscheidung handle, die man einmal getroffen hat. Das wird eine Entscheidung sein, die Konsequenzen für einen großen Teil der Regierung haben wird. Er empfahl ihm: ‚Herr Präsident, lassen Sie sich nicht von der Linken unter Druck setzten. Die wollen, dass Sie nichts tun. Lassen Sie sich nicht von der Rechten unter Druck setzen. Die wollen, dass Sie alles tun. Denken Sie in aller Ruhe nach und entscheiden Sie selbst.’

 

Und er sagte ihm außerdem, er solle sich nicht von der Presse unter Druck setzen lassen, sondern sich die Zeit nehmen und alle Informationen sammeln, um sicher zu gehen, dass er sich dann mit der getroffenen Entscheidung eins fühlt. 

 

‚Falls Sie entscheiden, mehr Truppen zu senden, oder wenn Sie denken, dass das das Notwendige ist, vergewissern Sie sich genau, was diese Truppen dort tun werden, und versuchen Sie eine Gewissheit zu erlangen, dass dieser zusätzliche Truppeneinsatz auch zum Erfolg führen wird. Sie können den Erfolg auf einem so komplizierten Schauplatz wie Afghanistan nicht garantieren, der mit dem Problem von Pakistan nebenan eher komplizierter wird.’

 

‚Sie müssen garantieren, dass die Basis für Ihr Engagement dort solide ist, denn im Moment ist sie ein bisschen aufgeweicht’, sagte Powell in Bezug auf Karzai und die allgemeinen Korruption in dessen Regierung.

 

Der Präsident hat einen Gegenaufstand nicht voll unterstützt, denn das würde bedeuten, die Verantwortung für Afghanistan für einen längeren Zeitraum zu übernehmen.

 

Der Präsident sagte, dass, wenn die Einschätzung von McChrystal fertig sei, es unumgänglich sei, dass sich alle in einem Saal zusammensetzen müssen um zu gewährleisten, dass alle dasselbe Lied aus dem Gesangsbuch singen.

 

KAPITEL 16

Am 29. September berief Jones die leitenden Mitglieder des Nationalen Sicherheitsrates zu einer zweistündigen Debatte als Probe für die Sitzung am nächsten Tag ein, ohne die Anwesenheit des Präsidenten.

 

Jeder, der ein Video der Sitzung gesehen hätte, würde vermutlich in Aufruhr geraten. Acht Jahre nach Beginn des Krieges wurde noch immer darüber debattiert, welches die Hauptziele waren.

 

 Biden hatte ein sechsseitiges Memorandum ausschließlich für den Präsidenten geschrieben, in dem er die Berichte des Nachrichtendienstes über die Taliban-Bewegung in Frage stellt. Die Berichte stellte die Taliban als die neue Al-Qaida vor.  Da die Talibans diejenigen waren, die gegen die US-Amerikaner kämpften, wurde es zur Gewohnheit, dass Araber, Usbeken, Tadschiken und Tschetschenen anlässlich ihres so genannten Jihad-Sommers nach Afghanistan kamen.

 

Biden wies darauf hin, dass die Zahlen übertrieben waren, dass die Anzahl ausländischer Kämpfer in keinem Fall 50 bis 75 überschritten.

 

Am Mittwoch, dem 30. September, führte der Präsident eine zweite Sitzung durch, um das Problem Afghanistan und Pakistan zu analysieren.  Diesmal war der Teilnehmerkreis größer. Petraeus war anwesend.

 

Der Präsident fragte: ‚Gibt es jemanden, der der Auffassung ist, dass wir uns aus Afghanistan zurückziehen sollten?’ Alle schwiegen. Keiner hat etwas gesagt.

 

‚Gut’, sagte der Präsident, ‚da wir das jetzt geklärt haben, machen wir weiter!’

 

Obama wollte sich auch während der restlichen Sitzung vom Thema Afghanistan fern halten.

 

‘Beginnen wir damit, was uns wirklich interessiert, und zwar Pakistan, nicht Afghanistan’, sagte er.  ‚In der Tat, wenn Sie wollen, können Sie den pakistanischen Führern sagen, dass wir aus Afghanistan nicht weggehen.’

 

Obama legte die Geschäftsordnung für den Rest der Sitzung fest. ‚Tatsächlich möchte ich mich auf die Vereinigten Staaten konzentrieren. Ich bin der Auffassung, dass drei Schlüsselziele existieren. Eins davon ist der Schutz der Vereinigten Staaten, der Verbündeten und der Interessen im Ausland. Zwei, die Sorge um die Stabilität und die Nuklearwaffen in den Händen von Pakistan. Wenn ich meine Aufmerksamkeit auf die Vereinigten Staaten lenke, gibt es da einen Unterschied zwischen den Gefahren, die von der Al-Qaida oder der Taliban ausgehen?’

 

Lavoy und Petraeus haben ihrerseits das Wort ergriffen.  MacChrystal  stellte in einer Präsentation ‚Den Weg’ vor, seine erste Einschätzung.

 

Obama sagte: ‚Gut, Ihr habt eure Arbeit gemacht, aber es gibt drei neuen Ereignisse: Die Pakistaner haben ihr Verhalten positiv verändert; die Lage in Afghanistan ist viel ernster, als wir annahmen; und die afghanischen Wahlen haben nicht die erwartete Wende gebracht - eine legitimere Regierung.’

 

Biden befürwortete die vom Präsidenten angefochtene Vermutung, dass sich Pakistan auf die gleiche Weise wie Afghanistan entwickeln würde.

 

Robert Gates schlug vor, die Interessen im Ausland und die der Verbündeten zu berücksichtigen.

 

Zum Ende der Sitzung hat Hillary gefragt, wie die zusätzlichen Truppen eingesetzt werden sollten, wohin sie gebracht werden, ob sie als Berater dorthin entsandt würden, und wie man mit den Lehren aus dem Irak umgehen würde.

 

‚Die Analysen des Nachrichtendienstes auf höchster Ebene waren über eine Aktion in Afghanistan zurzeit niemals schlüssig. Ein vollkommen unstabiles Afghanistan würde früher oder später Pakistan destabilisieren. So lautete die Frage an den Präsidenten und seine Mitarbeiter wie folgt: „Können die Vereinigten Staaten dieses Risiko eingehen?’

 

Gates traf sich mit dem pakistanischen Botschafter Haqqani in den Vereinigten Staaten. Er sollte ihm eine ausdrückliche Botschaft des Präsidenten überreichen: ‚Wir werden nicht aus Afghanistan weggehen.’ Haqqani stellte eine lange Liste von Dingen vor, die die pakistanische Armee brauchte. Der Kongress hatte im Mai einen Fonds von 400 Millionen US-Dollar zur Verbesserung des Arsenals der Aufstandsbekämpfung genehmigt.  Haqqani sprach das Problem der 1,6 Milliarden an, die die Vereinigten Staaten der pakistanischen Armee dafür schuldeten, dass sie die gesamte Grenze entlang militärischen Operationen durchführen können. Nach dem 11. September haben die Vereinigten Staaten eine Kostenrechnung zugunsten Pakistan und anderer Länder eröffnet, die sie Unterstützungsfonds für die Koalition nennen, aus dem sie den Verbündeten die geleistete Hilfe zurückerstatten.

 

KAPITEL 17

 

Obama trifft sich mit einer Zweiparteien-Gruppe von ungefähr 30 Führern des Kongresses zwecks einer aktualisierten Information über die Revision der Strategie.

 

Mehrere Abgeordnete kritisierten den vom Biden verteidigten Standpunkt einer antiterroristischen Offensive. Sie legten ihn als eine Art Reduzierung der Präsenz der Vereinigten Staaten aus.

 

Biden erläuterte, dass er nicht eine Politik verteidigt, die bei der  Durchführung einer Operation nur auf den Einsatz von Spezialtruppen setzt.

 

Der Präsident musste klarstellen, dass niemand vom Weggehen aus  Afghanistan spricht.

 

McCain sagte, er erwarte nur, dass die Entscheidung nicht unüberlegt getroffen wird und die Tatsache beachte, dass die Entscheidung von Obama als Oberbefehlshaber getroffen werden muss.

 

Obama erwiderte: ‚Ich versichere Ihnen, dass ich keine unüberlegte Entscheidung treffe. Und Sie haben vollkommen Recht. Ich muss die Entscheidung treffen, ich bin der Oberbefehlshaber.’

 

Obama fuhr fort: ‚Niemandem liegt diese Entscheidung so am Herzen ―und zwar auf ordnungsgemäße Weise― wie mir.’

 

An demselben Tag, um 15.30 Uhr berief Obama erneut sein Team zusammen,  um die Lage in Pakistan zu analysieren.

 

Der Konsens innerhalb der Nachrichtendienste bestand darin, dass die Lage in Afghanistan nicht gelöst wird, solange keine stabilen Beziehungen zwischen Indien und Pakistan bestehen.

 

Mullen wies darauf hin, dass sich die Programme zur Zusammenarbeit zwischen den Armeen der Vereinigten Staaten und Pakistan für Ausrüstungen, Ausbildung und sonstige Vorhaben auf fast 2 Milliarden pro Jahr erhöht haben.

 

Es gab Vorschläge über die Eröffnung neuer Einrichtungen in Pakistan mit dem Ziel, Informationsquellen in die Stammesgemeinschaften zu infiltrieren und militärische Berater der Vereinigten Staaten in pakistanische Einheiten einzubeziehen.

 

            Obama stimmte allen Aktionen vor Ort zu.  Es war unüblich, einen Befehl unmittelbar vom Präsidenten zu erhalten, denn bis zum heutigen Zeitpunkt hat man in den Arbeitsberatungen viel gesprochen, aber keine Entscheidungen getroffen.

 

KAPITEL 18

 

Endlich erhielt McChrystal  am 8. Oktober die Möglichkeit, seinen Vorschlag  zur Erhöhung  der Truppenanzahl im engsten Personenkreis vorzutragen (Obama war nicht zugegen).

 

 Das Wesentliche seines Vortrags mit 14 Dias bestand darin, dass die Bedingungen in Afghanistan schlimmer waren als man dachte, und dass nur eine offensive und gut vorbereitete Aufstandbekämpfung die Lage ändern könne.

 

Jones sagte, dass noch nicht alle Fragen geklärt seien, und hat in seinem Notizbuch vermerkt, dass es unmöglich sei, irgendeine Strategie in Afghanistan in die Tat umzusetzen, die das Thema der Heiligtümer in Pakistan nicht berücksichtige.

 

McChrystal  schlug drei Varianten vor:

 

1. 10.000  bis 11.000 Soldaten, um die Sicherheitskräfte in Afghanistan  zu trainieren

 

2.   40.000 Soldaten zum Schutz der Bevölkerung

 

3.   85.000  Soldaten zum selben Zweck.

 

McChrystal  hat klargestellt, dass das Ziel in diesem Fall nicht  in der Niederschlagung der Taliban-Bewegung bestehe, sondern in deren Herabsetzung, d.h., das Ziel besteht darin zu verhindern, dass sie erneut die Kontrolle über Schlüsselgebieten des Landes in die Hand bekommen.

 

Hillary  fragte, ob es möglich  sei, eine solche Herabwürdigung mit einer geringeren Truppenanzahl zu erreichen. Der General verneinte, er sei für die  40.000 Soldaten.

 

Am nächsten Morgen erwachte  Obama  mit der Nachricht, dass  er  mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden war.

 

Am gleichen Nachmittag um 14.30 Uhr  war eine Arbeitssitzung des gesamten Nationalen Sicherheitsrates mit dem Präsidenten vorgesehen. Er hat die Sitzung mit der Frage an alle begonnen, wie es mit dem Krieg weiter gehen soll.

 

Lavoy  begann  über Pakistan  und dessen Besessenheit  gegenüber  Indien zu sprechen und darüber, dass die Pakistaner Vorbehalte hinsichtlich der Verpflichtungen der US-Amerikaner hätten. 

 

McChrystal  sagte, er würde, solange der Auftrag nicht geändert wird, weiter die gleichen Varianten vorschlagen.

 

Eikenberry fasste seine Darlegungen in zehn Minuten zusammen, die allerdings ziemlich pessimistisch waren. Er stimmte damit überein, dass die Lage sich weiter verschlechtere, und dass es notwendig sei, mehr Mittel zu schicken, jedoch meinte er, dass eine Aufstandbekämpfung zu ehrgeizig wäre. 

Gates hat darauf hingewiesen, dass sich alle auf drei Varianten geeinigt hätten:

 

1.  Aufstandbekämpfung, d.h., Wiederaufbau der Nation

 

2. Antiterrorismus, von dem viele Leute denken, dass bedeute, Raketen von einem Schiff auf dem Ozean aus abzuschießen   

 

3. Antiterrorismus plus, die vom Vizepräsidenten vorgeschlagene Strategie.

 

Natürlich gab es mehr Varianten, nicht nur diese drei. Gates fügte hinzu, es sei notwendig, das Ziel neu zu definieren, und dass die USA womöglich mehr zu erreichen suchen als erreichbar ist.  

 

Petraeus sagte am Ende seiner Darlegung:  ‚Wir werden die Taliban-Bewegung nicht vernichten, aber wir müssen ihr den Zugang zu den  bevölkerten Gebieten und zu den Schlüssel-Kommunikationsmitteln verwehren, um sie aufzuhalten.’

 

Biden fragte hartnäckig: ‘Wenn sich die Regierung nicht bessert und Sie die Truppen empfangen, wo bliebe dann die Wirkung? Wenn es nach einem Jahr keinen offenbaren Fortschritt gibt, was machen wir dann?’

 

Es gab keine Antwort.

 

Biden beharrt darauf:  ‘Falls die Regierung  sich nicht  bessert  und Sie die Truppen empfangen, wie wäre dann die Auswirkung?

 

Eikenberry antwortete darauf, dass, obwohl die letzten fünf Jahre nicht hoffnungsreich waren, es doch einige kleine Fortschritte  gäbe und man  davon profitieren könne, obgleich keine bedeutenden Fortschritte  in den nächsten sechs bis zwölf Monaten zu erwarten seien.

 

KAPITEL 19

 

Bei der Versammlung am 9. Oktobers war Hillary an der Reihe. Sie sagte, das Dilemma sei zu entscheiden, was man zuallererst braucht, ob weitere Truppen oder eine bessere Regierung; um einen Zusammenbruch zu vermeiden, brauche man mehr Truppen, aber das gewährleiste nicht den Fortschritt.  

 

Sie hat gefragt, ob es möglich sei, die Ziele in Afghanistan und Pakistan zu erreichen, ohne die Verpflichtung, weitere Truppen zu entsenden. Sie hat selbst die Antwort gegeben, dass die einzige Möglichkeit für eine Veränderung der Regierung die Entsendung weiterer Truppen sei, dass das aber keine Garantie sei, dass die Sache gelinge. 

Sie fügte hinzu, dass alle Optionen schwierig und nicht zufriedenstellend seien,  und sagte außerdem: „Es liegt im Interesse unseres Landes, die Sicherheit zu gewährleisten, dass die Talibans uns nicht besiegen. Dasselbe geschieht mit der Zerschlagung der Al-Qaida, was ohne Afghanistan schwierig wäre. Es ist eine extrem schwierige Option, aber die Optionen sind eingeschränkt, es sei denn, wir nehmen uns vor, einen psychologischen Vorteil zu erreichen.’

 

Mullen hat sich auf die Seite der Hardliner gestellt. Dennis Blair gab zu bedenken, dass die innere Politik wegen der Anzahl der Toten ein Problem darstellen könne, denn im vorangegangenen Monat war die Zahl auf 40 gestiegen, doppelt soviel wie im vorigen Jahr. Er fragte sich, ob das der Mühe wert sei.  Die Antwort war, dass das Volk dahinter stehen würde, solange es glaubt, dass es Erfolge gäbe. 

 

Er sagte: ‚Zum ersten Mal würde der Präsident eine vom Kriegskabinett ausgearbeitete Strategie haben, und wir werden dem Volk der Vereinigten Staaten sagen können, was wir tun.’

 

Panetta meinte Folgendes: ‚Sie dürfen nicht gehen. Sie können die Talibans nicht besiegen.’ ‚Sie haben nicht von der Möglichkeit gesprochen, eine Demokratie im Stil Jeffersons in Afghanistan durchzusetzen’, sagte Panetta, er denke, dass eine solche Demokratie die Grundlage wäre, um die Mission der Vereinigten Staaten zu verkleinern und Karzai trotz seiner Fehler zu akzeptieren. Laut Panetta bestehe die Aufgabe darin, gegen die Al-Qaida zu kämpfen und zu gewährleisten, dass es keine Heiligtümer  gäbe.  Es sei nötig, mit Karzai zu arbeiten.

 

Susan Rice sagte, dass sie immer noch keine Entscheidung getroffen habe, sie denke aber, es sei nötig, die Sicherheit in Afghanistan zu verstärken, um die Al-Qaida zu zerschlagen.

 

Holbrooke sagte, dass man weitere Truppen brauche; die Frage sei, wie viele und wozu man sie einsetzen wolle.  

 

John Brennan fragte, was man eigentlich zu erreichen suche, denn die Entscheidungen hinsichtlich der Sicherheitsfragen, die hier getroffen würden, könne man dann auch auf andere Regionen anwenden. Wenn es sich nicht um eine korrupte Regierung handeln würde, sondern der ganzen Bevölkerung dienlich sein würde, würde man das nicht schaffen, solange er am Leben sei.  Er sagte: ‚Das ist der Grund, weshalb die Worte Erfolg, Sieg und Gewinnen unsere Aufgabe verkomplizieren.’

 

Schon waren zweieinhalb Stunden vergangen. Der Präsident sagte, dass diese Versammlungen zum dem Ergebnis geführt haben, das wir jetzt über eine nützliche Definition des Problems verfügen.

 

‚Das werden wir nicht heute lösen’, sagte Obama. ‚Wir haben bereits erkannt, dass wir die Talibans nicht vollständig niederschlagen können.’

 

Obama sagte, auch wenn er die Entsendung von 40.000 Truppen bewillige, würde das für eine das ganze Land umfassende Strategie der Aufstandsbekämpfung nicht ausreichen.

 

Obama fragte, ob man es schaffen könne, die Afghanen zu dem Punkt zu bringen, dass es den Vereinigten Staaten möglich wäre, in einem Zeitraum von zwei, drei oder vier Jahren abzuziehen.

 

‚Wir können in den Vereinigten Staaten keine Mission unendlich fortführen’, sagte Obama. ‚Wir werden die interne Unterstützung und die unserer Verbündeten nicht beibehalten können, ohne eine Erklärung zu geben, die nicht auch die Zeitgrenzen mit einschließt.’

 

Holbrooke ist in sein Büro im State Departement zurückgekehrt, wo das Personal sich beschwerte, dass es die ganze Nacht wach bleiben und Analysen machen musste, die niemand lese.

 

Holbrooke antwortete, dass die Person, an die sie gerichtet waren, sie auch gelesen habe, dass die schlaflosen Nächte nicht vergeblich seien, und dass sie einen weiteren Satz von Berichten für den Präsidenten vorbereiten müssen.  So endet die Zusammenfassung der Kapitel 15 bis 19 von den insgesamt 33, die in dem Buch ‚Obama’s wars’ enthalten sind.

 

Gestern hat man die fast simultane Veröffentlichung eines anderen Buches angekündigt: ‚Ich spreche mit mir selbst’, mit einem Vorwort von Barack Obama. Aber diesmal wird die Ausgabe in 20 Sprachen das Licht der Welt erblicken. Es heißt, die Ausgabe enthalte wichtige Briefe und Dokumente aus dem Leben des Autors: unseres bekannten und verehrten Freundes Nelson Mandela.

In den letzten Jahren seiner grausamen Einkerkerung haben die Vereinigten Staaten das unheilvolle Apartheid-Regime zu einer nuklearen Macht gemacht, indem sie ihm mehr als ein halbes Dutzend von nuklearen Bomben geliefert haben, die  zur Niederschlagung der internationalistischen kubanischen Streitkräfte bestimmt waren, um ihr Vorrücken durch Namibia, besetzt von Südafrika, zu verhindern. Die vernichtende Niederlage der  Apartheid-Armee im Süden von Angola hat dazu beigetragen, das infame System zu vernichten.

 

Unsere Repräsentanten in Spanien haben versprochen, umgehend Exemplare des Buches zu erwerben und zu senden. Die Buchpräsentation war für heute, den 12. Oktober, vorgesehen. Aber gegen sechs Uhr Abends wusste man noch nichts, weil in Spanien Feiertag war und die Buchhandlungen nicht aufmachten. Es war der 518. Jahrestag, an dem sie uns entdeckt haben und Spanien sich in ein Imperium verwandelte.

 

Morgen wird fortgesetzt.

       

 

Fidel Castro Ruz

12. Oktober 2010

19.12 Uhr